Die Deutschen, die Juden

Die Deutschen, die Juden und die nicht erkannte Aufgabe

Holocaust - auf keinen Fall darf er in Vergessenheit geraten. Alles muss getan werden, um die Erinnerung an diese grösste Tragödie lebendig zu halten.

Und so wurde und wird vieles getan.
Doch - was hat es gebracht?
Sind Toleranz, Mitgefühl, Sympathie, Akzeptanz gegenüber Juden gewachsen?
Die Gegenwart zeigt, dass leider eher das Gegenteil wächst. Anti statt Pro.
Juden haben teilweise wieder Angst. Was ist falsch gelaufen?

Seltsamerweise hat man das Naheliegendste, das Wichtigste überhaupt nicht wahrgenommen:
Um einen ersehnten Wandel, in welchem Bereich auch immer, herbeizuführen, dazu bedarf es eines "Bewusstseins-Wandels", der nur durch systematische Bildung erreichbar ist.

Aufbau oder Zerstörung, Frieden oder Krieg können nur durch eine gezielte innere Einstellung mit einer notwendigen entsprechenden Bewusstseinsbildung in die Tat umgesetzt werden.

Wir sprechen zum Beispiel von einer politischen oder auch religiösen Erziehung, die oft eine jahrelange Bildung erfordert, so dass der zu Bildende durch die beständig wiederholten ursächlich geistigen Informationen Herz und Bewusstsein mit dem Bildungsinhalt erfüllt und dadurch die Motivation, auch Kraft, erhält zu entsprechenden Taten.
Kurz skizziert:

  1. Die auslösende Ursache ist geistiger Qualität als informativer Bildungsinhalt, der dann
  2. zur sichtbaren Wirkung durch entsprechende Taten führt.

Eine jahrelang ausgeführte Propaganda kann das Bewusstsein vieler in Richtung der geistigen Information färben, so dass es immer leichter wird, entsprechend der Information zu handeln. Der Einzelne muss nicht zwangsläufig in bezug auf schlimme Taten schlecht sein, er handelt aber wie unter einem Zwang, getrieben, motiviert und manipuliert durch seine innere Bewusstseinsfärbung, die auch Emotionen einbezieht.
Man könnte kurz sagen: Der seelische Input bestimmt die äusseren Handlungen.
Diese Darstellung sollte speziell heute in Bezug auf die Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt werden. Welche Nahrung wird der Seele geboten z. B. in Form von Informationen und Bildern?

Die Deutschen standen 1945 vor den Trümmern als stummer Ausdruck eines unsäglichen Leids auf allen Seiten. Vielen wurden erst nach dem Krieg die grauenvollen Taten bewusst, die in Einzelheiten entlarvt an die Öffentlichkeit kamen.

Im Leid der Zerstörung, des Hungers und der Armut dachte man vorwiegend an den Wiederaufbau; und so entstand das 'deutsche Wirtschaftswunder', in das alle Ideen und alle Kraft investiert wurde. Einerseits ist dies verständlich.

Wo aber blieben die Ideen und Taten, alles daran zu setzen, dass eine solche Tragödie nie mehr möglich ist?
Wo blieb die "Ursachen-Forschung" für die Entstehung dieses unsagbaren Leids?
Ist sie unterblieben?

Und nun sollen nicht die Deutschen an den Pranger gestellt werden, sondern global gesehen unser gesamtes Nachkriegs-Bildungssystem.
Das Verhalten der Deutschen nach dem Krieg soll nur als Beispiel für alle gelten hinsichtlich der Bildung:
Die initiierende erste Ursache aller Ursachen ist stets die Vision, die Idee, die Absicht, welche allmählich die Tat als Wirkung auslöst.

Ein verallgemeinerndes Beispiel im Konzentrat dargestellt:
Ein Angriffskrieg ist nicht möglich, ohne dass ausgebildete Mitkämpfer der propagandistisch wiederholten Vision einer kriegsführenden Macht folgen.
Die Mitkämpfer sind "ausführende Organe" der kriegerischen Führungsmacht; viele von ihnen haben begonnen- oder mussten beginnen -, ihr Denken und Handeln dieser Macht zu unterordnen bis hin zur grausamsten Verstümmelung der Opfer.
"Dem Befehl muss unter allen Umständen Folge geleistet werden"; dieser Order folgen viele bedingungslos. Sie haben ihr eigenes Denken und Handeln kategorisch der mörderischen Macht geopfert. Nur so können entsetzliche Taten entstehen.

Die erste Aufgabe der Deutschen, so sehe ich es aus meiner Erkenntnis heraus, nach dem Krieg hätte sein sollen, nein, sein müssen:
ein systematischer Unterricht an allen Schulen - hier nur in aller Kürze rudimentär dargestellt - in einem hohen ethischen Denken, Reden und Handeln, das als Basis die Toleranz gegenüber allen Andersglaubenden und Andersdenkenden ausdrückt, allerdings nur bis zu der Grenze, wo anderen Schaden an Leib und Seele zugefügt wird.

Eine Bildung, die Achtung, Respekt, Toleranz, Mitgefühl und Vergebung vermittelt allen Menschen gegenüber, gleich welcher Herkunft und welchen Glaubens, ist eine solide Basis für eine friedvoll-erfreuliche Zukunft.
Das Verhalten der Menschen basiert zu einem grossen Teil auf der Qualität von Erziehung und Bildung, die der Einzelne im Leben in Wort und Tat ausdrückt.
Wollen wir als Ziel ein friedliches Miteinander, so bedingt dies eine entsprechende tägliche systematische Bildung.

Es erfordert allerdings ein tiefgreifendes Wissen vom Wert des menschlichen Seins, denn sonst wird allzu leicht Mitgefühl und Toleranz anderen Menschen gegenüber in Frage gestellt.

Bis heute fehlt auf globaler Ebene eine hilfreiche Aufklärung über das Wesen Mensch.
Ist der Mensch nur Körper?

Dann wird Ethik nicht benötigt, denn der Körper braucht nur Gesundheit, Hygiene und - möglichst für alle - Wohlstand.
Ethische Werte wie Güte, Wohlwollen, Mitmenschlichkeit sind geistig-seelische Werte.
Also braucht es ein umfassendes Wissen über den geistig-seelisch, den inneren Menschen.
Begriffe wie Geist und Seele sind vielfach missbraucht worden. Auch sind sie im heutigen materialistischen Zeitalter nicht aktuell. Man fühlt sich diesen Begriffen hilflos gegenüber, weil jede Ausbildung darüber fehlt. Der "exakten Naturwissenschaft" wird gehuldigt; die philosophische Geisteswissenschaft ist zu einem Stiefkind degradiert.
C.G. Jung äusserte:
"Nichts ist verletzlicher und kurzlebiger als wissenschaftliche Theorien, die stets blosse Werkzeuge und keine ewigen Wahrheiten sind.... Wir können es uns nicht mehr leisten, auf gottähnliche Weise über den Wert oder Unwert natürlicher Dinge zu richten... Solche Wertungen zeigen lediglich unseren beklagenswerten Geisteszustand an, der seine Unwissenheit und Inkompetenz unter dem Deckmantel des Grössenwahnsinns verhüllt."

Das Wesen Mensch repräsentiert die irdisch-kosmisch vernetzte Ganzheit von Körper, Seele und Geist. Es ist gefährlich, den Menschen nur auf ein mechanistisches System zu reduzieren und seinen Geist auf eine blosse Funktion der Materie. Es liegt uns eine Jahrtausende alte Weisheit zu Füssen, die den Menschen als ein denkendes geistig-seelisches Ich-Wesen erkannt hat - mit einem freien Willen begabt zum Zweck einer glorreichen Bewusstseins-Evolution, eine ganzheitliche Evolution vom Kopf zum Herzen.

Der äussere Mensch, die Physis, braucht ihre physische Nahrung, ebenso äussere Werte - und die dazu notwendige intellektuelle Bildung.
Der innere Mensch benötigt die entsprechende innere Nahrung der inneren Werte mit einer ebenso adäquaten Bildung, einer Herzensbildung.
Erhält er diese innere geistige Nahrung nicht, so kann seine Seele verkümmern, und das Resultat ist ein seelenloses Handeln, das in die Zerstörung führt.

Wir sollten nicht nur die schlimmen zerstörerischen Wirkungen beständig ins Rampenlicht setzen, ohne die Ursachen aufzuzeigen, die u.a. dazu geführt haben. Denn nur wenn die schlimmen Ursachen ausgemerzt bzw. für die Zukunft verhindert werden und neue positive Ursachen durch Bildung gesetzt werden, nur dann können wir auf erfreulichere Wirkungen für die Zukunft hoffen.

Terroristische Handlungen werden unter anderem gefördert:

  1. durch Mangel in Erziehung und Bildung an ethisch-edler Nahrung. Dieser Mangel führt zu einer innerlichen seelischen Verkümmerung und Verrohung;
  2. durch gezielte negative Beeinflussung des Bewusstseins einzelner Individuen und auch ganzer Gruppen, die der Information tendenziell zugänglich sind;
  3. durch wiederholt aufgenommene brutal-unmenschliche Informationen via Medien und sonstiger Kanäle, die den inneren Menschen, die Seele, allmählich brutalisieren und empfänglich für weitere entsprechende Informationen gemacht haben und machen, so dass egoistische, rücksichtslose Machenschaften möglich wurden und werden, die viel Leid bewirken. Und die Leidtragenden sinnen mitunter auf Rache.

Ein Teufelskreis des Leids.

Werden also nur einseitig wiederholt die schrecklichen Wirkungen, z.B. die Greueltaten des Holocaust gezeigt, so kann das auf viele zu Recht erschreckend, abstossend, Entsetzen und Mitgefühl erregend wirken. Vergessen kann man diese Bilder nicht. Sie belasten und bedrücken. Dies ist jedoch zu passiv. Wo ist die aktive Hilfe?

Zur Erreichung eines friedvollen, toleranten Miteinanders sollten sehr wohl die zerstörerischen, unmenschlichen Zeitereignisse - wie auch der Holocaust - gezeigt werden, aber nur als ausdrückliche Motivation, ein neues menschenfreundliches Bildungssystem anzustreben und zu verwirklichen; und dieses Modell sollte parallel als initiierendes, positives Vorbild auch mit Hilfe der Medien verbreitet werden.
Es wirkt vorbeugend menschenverachtenden und menschenfeindlichen Konzepten entgegen, auch in der Wirtschaft, Wissenschaft, Technik - in allen Lebensbereichen.

Voraussetzung für diese mitmenschliche, friedensfördernde Vorgehensweise ist das Wissen von der inneren geistigen Grösse und Würde eines jeden Menschen.
Dieses im Laufe von vielen Jahren errungene Wissen hat mich zu der Erkenntnis gebracht, das tief verborgen in jedem Menschen und in allem eine schöpferische Urkraft lebt als Urquelle der Liebe und Weisheit. Und dass jeder Mensch die individuelle Freiheit hat, sich dieses innere höchste Geistesgut allmählich bewusst zu machen - oder auch nicht.

Der Mensch ist als individuelles Ich-Wesen begnadet, frei zu denken. Es sollte zur Erziehung gehören, die Freiheit des Denkens in Eigenverantwortung zum Wohle der Mitmenschen auszuüben; autonom über sich selbst zu entscheiden und nicht durch manipulierende Einflüsse den Willen anderer auszuführen.
Dies bedingt auch, klare Grenzen setzen und einhalten zu können - auch und besonders in der Kindererziehung. Die Toleranz sollte an den Grenzen der Intoleranz enden.
Ein autonomes Denken fordert auch ein autonomes, eindeutiges Handeln. "Zum Wohle anderer" kann auch ein Grenzen setzendes, klares "Nein" beinhalten.

Aber ohne Wohlwollen, Güte, Liebe, die Vergebung beinhalten, gibt es keine Brücke zum Nächsten; und ein Gegeneinander, Zerstörung und Krieg sind vorprogrammiert.
Wir selbst entscheiden über unser Schicksal und die Zukunft durch die Qualität unserer Erziehung und Bildung, die im besten Fall einen Bewusstseinswandel zu Toleranz und Mitmenschlichkeit bewirkt als Ausgangsbasis für eine hoffnungsfrohe, erfreuliche Zukunft. Statt ängstlich, gelähmt in die Zukunft zu schauen, können wir ihr freudig entgegengehen. Wir entscheiden.
So sollte die neue Aufgabe für unsere neue Zeit - nicht nur für die Deutschen -, sondern für uns alle sein, zum notwendigen Bewusstmachen des Leids als bedrückende Wirkung einer üblen Gesinnung mit ihren Taten neue positive Ursachen zu setzen durch ein Erziehungs- und Bildungssystem, das mitmenschlich-ethische Werte beinhaltet. Dies wäre auch eine positive Basis für ein stabiles vereinigtes Europa.

Margarete Friebe

© 2007 ALPHA-INSTITUT
CH-6043 Adligenswil-Luzern

Zurück zur Übersichtsseite